Im Jahr 2021 tritt voraussichtlich das revidierte Gesetz über Ergänzungsleistungen in Kraft. Danach droht der Verlust von Ergänzungsleistungen nicht mehr nur bei freiwilligem Vermögens- oder Einkommensverzicht sondern auch bei Vermögensverzehr über staatlich festgesetzten Limiten.

Liegenschaftsübertragungen unter Wert

Zur Erhaltung des Familienvermögens werden Liegenschaften oftmals zu Lebzeiten an die Nachkommen unter Wert übertragen. Die Übertragung erfolgt meistens in Form einer unentgeltlichen Schenkung, einem Vorerbbezug oder einer gemischten Schenkung mit Sicherstellung des Verbleibs in der Liegenschaft. Wer durch solche Vermögensübertragungen an Kinder sein Vermögen reduziert, erhält im Pflegefall später womöglich keine Ergänzungsleistungen mehr. Die Erwerber werden unter Umständen sogar unterstützungspflichtig.

Bisherige Anrechnungspraxis zu Verzicht wird Gesetz

Mit der Revision wird die bisher angewendete Praxis des anrechenbaren freiwilligen Einkommens- und Vermögensverzichtes gesetzlich verankert. Eine Anrechnung erfolgt und der Verlust von Ergänzungsleistungen droht, wenn ohne rechtliche Verpflichtung (z.B. ein Erbvorbezug) und ohne adäquate Gegenleistung (z.B. Schenkung oder gemischte Schenkung einer Liegenschaft) auf Einkünfte oder Vermögen verzichtet wurde. Bei Liegenschaften beträgt die Gegenleistung 90 % des Marktwertes. Zusätzlich wird  der Verbrauch des Vermögens  durch eine jährliche Ausgabengrenze eingeschränkt.

Keine Verjährung bei Vermögensverzicht

Da Verzichtshandlungen nicht verjähren, berücksichtigen die Behörden sämtliche Vermögensübertragungen. Der anzurechnende Betrag wird beim Vermögensverzicht ab Übertragung jährlich um Fr. 10’000.00 vermindert. Beispiel:

Herr Muster (alleinstehend) besitzt ein Einfamilienhaus. Verkehrswert Fr. 1 Mio., Hypothekarschuld Fr. 250’000.00. Möglicher Marktmietwert brutto Fr. 30’000.00, jährlicher Hypothekarzins Fr. 2’400.00. Eigentumsübertragung des Hauses an seinem 64. Geburtstag an seinen einzigen Sohn. Dieser übernimmt die Hypothek, Herr Muster behält die lebenslängliche Nutzniessung am Haus und kommt für die Hypothekarzinsen und Gebäudeunterhalt auf.

Mit der Übernahme der Hypothek von CHF 250’000.00 und der kapitalisierten Nutzniessung im Wert von ca. CHF 500’118.00 , berechnet auf dem mittleren Bruttomietzins sowie Pauschalabzügen  für Gebäudeunterhalt und Hypothekarzins, beträgt die Gegenleistung CHF 750’118.00. Diese liegt unter 90 %. Es   resultiert ein Verzichtsvermögen von CHF. 249’882.00. Davon wird nach Abzug eines Freibetrages 1/10 als Vermögensverzehr angerechnet. Im Folgejahr, 1/10 von CHF 239′ 882.00. Mehr erfahren sie unter www.roellinpartner.ch.

Sozialhilfe oder Verwandtenunterstützung

Ist das verbliebene Vermögen aufgebraucht, bezahlt nicht einfach die Sozialhilfe. Zuerst wird das Verzichtsvermögen eingefordert oder die zuständigen Behörden prüfen die Verwandtenunterstützung. Letztere ist jedoch beschränkt auf Verwandte in auf- und absteigender Linie, d.h. Nachkommen, Eltern, Grosseltern. Bedingung ist, dass die Kinder „in guten wirtschaftlichen Verhältnissen leben“.

Sorgenfreier Lebensabend?

Die Lebensführung unterliegt künftig bei Beanspruchung von Ergänzungsleistungen einer staatlichen Kontrolle. Ab  Inkrafttreten dürfen jährlich nur noch 10 % des Vermögens verbraucht werden, andernfalls ein Vermögensverzicht angenommen wird. Bei Vermögen bis Fr. 100’000.00 liegt die Grenze bei Fr. 10’000.00 jährlich. Ausgaben, welche darüber hinausgehen und ohne wichtigen Grund erfolgen, gelten als Vermögensverzicht. Ob so die lange geplante Weltreise noch möglich sein wird, wird die Praxis weisen.

Frühzeitig planen

Mit einer frühzeitigen Planung von Liegenschaftsübertragungen lassen sich Überraschungen bei Beanspruchung von Ergänzungsleistungen minimieren oder verhindern. Zur Sicherstellung der Wohnsituation steht die Einräumung einer Wohnrechtsdienstbarkeit im Vordergrund,  da die Aufgabe aus gesundheitlichen Gründen kein freiwilliger Vermögensverzicht darstellt.

Quellverweis für Text & Berechnungsbeispiel (PDF): lic. iur. Notar Josef Schaller, Sursee

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